Geschichte Berolinas
Historie
Das älteste bestehende, immer junge Schlaraffenreych.
Ein kurzer Abriss der Geschichte der Berolina.
Am 24. Oktober 1865 - nach damaliger schlaraffischer Zeitrechnung 1565, sechs Jahre nach Gründung der Schlaraffia in Prag, kam in Berlin ein kleines "Häuflein munterer Gesellen zusammen, um fröhliche Kurzweil zu treiben", darunter der Schriftsteller Schmidt-Weißenfels, der schon die Prager Schlaraffia mitbegründet hatte und dort als "Plato der griechische Bummler" eine führende Rolle spielte.
Die Herren gründeten einen Verein, nannten ihn wie in Prag Schlaraffia und übernahmen die Satzung der Praga als Grundlage für ihr fröhliches Spiel und betrachteten ihre Vereinigung als Tochter der Praga, obwohl sie zunächst in mancher Hinsicht anders sippten als die Prager Schlaraffen, nämlich unter der Regierung eines Mikado und Taikun. Sie trugen Brahminenhelme und Zöpfe. Der UHU aber wurde ebenso wie in der Praga als Schutzpatron verehrt.
Graf Plato, der sich fortan Kalchas nannte, entwarf das erste Statut und wurde damit Autor der ersten Fassung des Spiegels und des Ceremoniale, nach dem die Sippungen in allen Schlaraffenreychen noch heute ablaufen. Er ist der geistige Vater der Berolina. Deren weitere Gründungsmitglieder, als Erzschlaraffen bezeichnet, nannten sich schlaraffisch Gröhlmeyer, Fridolin, Adonis, Perin, Ursus und Rettighuber.
Beim ersten Stiftungsfest 1866 wurde im Kreise von nunmehr 20 Sassen Berolinas Wappen feierlich enthüllt. Im gleichen Jahr fanden die erste Burgfrauensippung und die erste Uhubaumfeier statt und das erste Karnevalsfest im nächsten Jahr erregte im profanen Berlin, wo man derartige Veranstaltungen bisher nicht kannte, besonderes Aufsehen.
1572 (1872) gründete die Berolina zusammen mit der Praga das dritte Schlaraffenreych, die Lipsia in Leipzig, und im Jahr danach die Grazia in Graz. Eine ganze Reihe weiterer Reychsgründungen sollten folgen, 11 dieser Tochterreyche freuen sich bis heute eines aktiv-fröhlichen Treibens.
1576 (1876) fand das erste Concil der damals vier Schlaraffenreyche statt, auf dem die Berolina ihr Mikado-Regiment niederlegte und die von der Praga eingeführte Regierungsform der drei Oberschlaraffen übernahm und der Praga die Leitung Allschlaraffias überließ. Diese führt seitdem den Titel Allmutter. Nach den "Gründerjahren", die von Erfolgen, aber immer wieder auch von Rückschlägen und einem ständigen Wechsel der Vereinslokale, der Burgen gekennzeichnet waren, verstetigte sich die Aufwärtsentwicklung des Reyches.
1591 (1891) zählte die Berolina 89 Sassen und konnte unter Beteiligung von 331 Schlaraffen aus aller Welt ihr 25. Stiftungsfest begehen. Die Sehnsucht nach einer beständigen Heimstatt, einer eigenen Burg, ging 1597 (1897) mit der tausendsten Sippung in Erfüllung: die legendäre Arminburg am Enckeplatz wurde geweiht. Die positive Fortentwicklung des Reyches in diesen Jahren konnte mit der Durchführung des VI. allschlaraffischen Concils anno Uhui (a.U.) 44, die schlaraffische Zeitrechnung war inzwischen umgestellt worden, profan also 1903, dokumentiert werden: Die 142 Ritter, Junker und Knappen empfingen 780 Schlaraffen aus 113 Reychen mit 430 Burgfrauen.
Die Jahre des aufstrebenden Reyches endeten mit dem ersten Weltkrieg, der auch unter der Sassenschaft seinen Tribut forderte. Außerdem konnte die Burg nicht mehr gehalten werden und musste verkauft werden.
A.U. 77 (1936) gelang es anlässlich der Olympischen Spiele in Berlin noch einmal, viele Schlaraffen zu Krystallinen und einer Festsippung zu versammeln, aber die Situation war längst geprägt vom Druck der Nationalsozialisten, der zunächst zur Loslösung der deutschen Reyche von Allschlaraffia und schließlich a.U. 78 (1937) zur Auflösung des deutschen Verbands führte. Am 12. im Hornung a.U. 78 fand die letzte Sippung der Berolina vor der uhufinsteren Zeit statt.
In den folgenden Jahren des zweiten Weltkriegs kamen die Getreuen regelmäßig in Krystallinen zusammen und bemühten sich, den Kontakt zu den Freunden an der Front aufrecht zu halten. Des Bundes Stimme war verstummt in diesen Jahren, aber sein Geist lebte. So konnte a.U. 87/88 (1946/47) trotz anfänglicher behördlicher Hindernisse die Berolina wieder erstehen. Am 17. im Lethemond a.U. 88 erklang nach zehn Jahren und sieben Monaten wieder das Abendlied, gesungen von 29 treu gebliebenen Sassen.
Die Berolina lebte wieder auf, aber neue Sorgen trübten die Freude an der gewonnenen Freiheit. Die Insellage Berlins erschwerte Ein- und Ausritte und das fortschreitende Alter der Sassen, Bresthaftigkeit, Ahallaritte und der Wegzug mancher Berliner nach Westdeuschland sowie die Schwierigkeit, geeigneten Nachwuchs zu rekrutieren, bremste das weitere Wachstum der Sassenschaft. Aber die Getreuen resignierten nicht und es gelang, die Mitgliederentwicklung zu stabilisieren und sogar wieder ins Positive zu wenden. Gleichzeitig trug das Reych eine hohe übergeordnete Verantwortung, war es doch beauftragt, Mittler zu sein zu den weiterhin im Verborgenen blühenden Reychen in den östlichen Gemarkungen Deutschlands. Diesen Auftrag erfüllten die Sassen mit großer Hingabe. Einen Rückschlag erlitten diese Bemühungen durch die Errichtung der Berliner Mauer a.U. 102 (1961), doch auch diese konnte den schlaraffischen Zusammenhalt nicht brechen. Die "Trutzritter" ließen nicht locker und brachten es mit Hartnäckigkeit und persönlichen Opfern fertig, den Freunden in der DDR Hilfen in vielfältiger Weise zukommen zu lassen und trotz aller Widrigkeiten die Kontakte in all den Jahren der Trennung immer aufrecht zu erhalten. Umgekehrt ließen die treuen Freunde insbesondere der niedersächsischen Reyche die Berolina nie im Stich und stärkten ihr in dieser krisenhaften Periode mit ihren durchaus beschwerlichen Einritten den Rücken.
Eine alte Sorge begleitete auch die wieder aufblühende Berolina: Das Reych musste erneut auf Wanderschaft gehen, die Suche nach einer beständigen Burg blieb noch bis a.U. 104 (1963) erfolglos. Dann aber konnte nach vielen Mühen und harter Arbeit der Sassen die neue Arminburg in der Lützowstraße bezogen werden, in der das Reych bis heute stolz und fröhlich sippt.
A.U. 106 (1965) zählte das Reych 39 Ritter, sieben Junker und zwei Knappen (ohne die in den westdeutschen Bundesländern lebenden fahrenden 12 Ritter, einem Junker und einem Knappen). Diese 48 mutigen, in Berlin sesshaften Recken wagten es, das Uhuversum zur Hundertjahrfeier einzuladen und zelebrierten eines der glanzvollsten Ereignisse in der Geschichte des Reyches. Das eindrucksvolle Fest stärkte nicht nur das Renommee des Reyches, sondern auch sein Selbstbewusstsein, die Ausrittfreude erstarkte und auch die Nachwuchswerbung zeitigte Erfolge. Die trotz der deutschen Teilung wieder positive Entwicklung des Reyches ermutigte die Sassen, auch die "Berliner Schlaraffentage" auszurichten und im Jubiläumsjahr a.U. 125 (1984) die Legaten des XIX. Concils aus 234 Reychen und bei der Festsippung 2.800 Gäste zu empfangen.
Der Fall der Berliner Mauer a.U. 130 (1989) brachte dem Reych naturgemäß noch einmal einen dramatischen Auftrieb. Viele Schlaraffen, die profan in der Hauptstadt zu tun haben, reiten seitdem in die Arminburg ein und mit den Sassen der neu oder wieder erstandenen Reyche in den neuen Bundesländern haben sich viele enge persönliche Beziehungen neu begründet.
A.U. 131 (1990) präsentierte sich die Berolina erneut mit einem Großereignis, dem 125. Jubiläum der Reychsgründung, das mit einer Festsippung und mit einem Konzert des Allschlaraffischen Symphonieorchesters begangen wurde. Auch die Tradition der Schlaraffentage wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt und zwei weitere festliche Ereignisse waren a.U. 147 (2006) eine Gemeinschaftssippung der Reyche mit den Farben Rot und Blau und a.U. 148 (2007) Berolinas 4.000. Sippung mit Gastrecken aus 69 Reychen. Gleiches gilt für die 150-Jahr-Feier, die unter Teilnahme von rund 700 Sassen und Burgfrauen a.U. 156 (2015) im Maritim-Hotel stattgefunden hat. Mit diesen festlichen Veranstaltungen konnten die Berolina-Sassen dokumentieren, dass das älteste bestehende Reych trotz schwieriger Phasen, in denen sich schlaraffische Freundschaft besonders bewähren musste, jung geblieben ist und eine hoffnungsvolle Zukunft vor sich hat.
Rt Schweigsam